Über Blogs und Melissa McCarthy

Liebe Menschen, die mal diesen Blog abonniert haben (it means a lot),

Es ist über zwei Jahre her, dass ich in einem Seminarraum auf dem Frankfurter Mediencampus saß und hektisch Notizen auf einen Collegeblock kritzelte. Während ich zuvor tagelang wertvollem Input über den Beruf der Lektor*in gelauscht hatte, wusste ich in diesem Moment – plötzlich und unaufschiebbar – dass ich schreiben muss.

Als Lektorin bin ich immer nah am Publizieren, an Büchern, Worten – aber immer an denen anderer. Lektor*innen sind oft das, was Julia Cameron als „shadow artists“ bezeichnet: Menschen, die sich in der Nähe von ‚wahren‘ Künstler*innen aufhalten. Und ich liebe diese Arbeit. Ich liebe es, Menschen dabei zu begleiten, ihre Themen, ihre Forschungserkenntnisse, ihre Worte öffentlich zu machen.

Sicherlich verdanke ich es meinem Beruf und auch der Weiterbildung, in der ich saß, dass ich anfing, mein eigenes Schreiben wiederzuentdecken. Konnte ich tatsächlich wieder etwas fertigstellen – und auch veröffentlichen?

Ich hatte Lust, die Themen meines Studiums weniger verschachtelt und etwas zugänglicher, als der akademische Sprech es zulässt, in Blogposts umzuwandeln: von Queer Eye bis Melodramen, 2Pac bis Robin Thicke.

Doch als ich mich allmählich von der Scham, über Reality TV zu schreiben, befreite, ebenso wie von der Scham, überhaupt zu bloggen, brach es aus mir heraus: Ich begann über alles Mögliche zu schreiben und über alle Grenzen hinweg. Kurzgeschichten, Roman(anfänge), personal essays, Gedichte. Gleichzeitig entdeckte ich unfassbar viele Menschen, die sich dem Schreiben und dem Leben für das Schreiben widmen. Ich begriff, dass ich mit dem Wunsch nicht alleine bin. Und gar nicht so crazy wie ich denke.

Hier bin ich also, zweieinhalb Jahre später, nachdem ich mir hastig eine Domain für meinen Blog ausgedacht habe. Zwei Jahre, in denen ich viel weniger diesen Blog verwendet aber umso mehr nebenher geschrieben habe. Schreibkurse gemacht, Podcasts gehört, Freundschaften über das Schreiben geschlossen habe.

Und in der Vergangenheitsform zu schreiben ist nicht ganz richtig, denn ich bin noch mittendrin, dass es aus mir herausbricht.

„I don’t want to start a blog.“

Im Januar habe ich jeden, online verfügbaren Film mit Melissa McCarthy geschaut, weil sie eine Göttin ist und mich ihre Schauspielkunst abwechselnd bezaubert und verstört. Ja, ich habe auch gefühlt mein halbes Leben mit ihr als Sookie St.James verbracht. Mittlerweise muss man sie lieben, weil sie immer bizarre, over-the-top Charaktere spielt, denen eine Sache niemals fehlt: Selbstbewusstsein bis an die Grenze des Aushaltbaren.

In „How to Party with Mom“ spielt sie eine frisch geschiedene Frau auf der Suche nach sich selbst. Aber auch in ihrer verzweifelten Situation weiß sie genau: „I don’t want to start a blog.“

Blogs sind beinahe so klischeebehaftet und old school wie die Klischees selbst. Zwischen übermotivierten Blogprojekten mit dramatisch wenigen Posts (Hi!), peinlicher oder idealisierter Zurschaustellung des Lebens (Mommy- Essens- und Renovierungsblogs) oder problematischem Content (Travelblogger, die die Welt ‚entdecken‘). Blogs sind immer angreifbar und awkward, vor allem wenn sie auf unbezahlter Arbeit beruhen, die man irgendwie versucht, ins Leben zu integrieren.

Als ich „estutmirnichtleid“ startete, wollte ich wirklich niemals einer von diesen traurigen stillgelegten Blogs sein, die noch irgendwo im Internet herumliegen, wie ein Pullover, der niemals zu Ende gestrickt wurde oder eine welke Zimmerpflanze, die man einfach nicht aufgeben will.

Aber so ist es, und es tut mir leid.

Kommt ihr mit?

Deswegen wird es Zeit für einen Neustart.

Ich brauche ein neues Gefäß, für unfertige Gedanken – ja vor allem auch zu Pop und Trends, (Auto-)biografischem, Snapshots aus einem Leben, das versucht, Lohnarbeit und kreatives Existieren zu verbinden. (Und trotzdem irgendwie politisch zu sein und über Kader Loth nachzudenken).

Der Neustart ist auch mit einem technischen Umzug verbunden: So sehr ich es genossen habe, mich mit wordpress herumzuschlagen, ist es einfach nicht die beste Option für Blogger*innen mit limitierter Zeit für Formatierungsprobleme.

Ab jetzt gibt’s alle zwei Wochen, montags, einen neuen Post, hier: https://derschoeneschein.substack.com/

Könnt ihr euch nicht merken? Abonniert einfach den Newsletter und die Posts finden den Weg allein zu euch.

Ich wäre euch sehr dankbar und würde mich freuen, euch woanders (wieder-)zusehen.

Much love, much respect, ich bin raus. (Zumindest hier.)

Vivian

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